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Kapellen in Obernheim
In der Gemeinde Obernheim mit dem Weiler Tanneck zeugen nicht nur vier Kapellen sondern eine Vielzahl von Wege- und Flurkreuzen, Bildstöcken und christlichen Symbolen von hohem Stellenwert des katholischen Glaubens. Es ist der hiesigen Einwohnerschaft ein wichtiges Anliegen diese Belege tiefer Frömmigkeit und Dankbarkeit auch für die Zukunft zu erhalten. So wird die überwiegende Anzahl dieser Kultur- und Kleindenkmale in liebevoller Weise durch Privatpersonen gepflegt und erhalten.
Bubenkapelle (auch Bubenbühlkapelle genannt)
Auf Anregung des Ortsgeistlichen Herrn Pfarrer Josef Gaul errichteten junge ledige Männer von Obernheim im Jahr 1847 auf dem Markbühl, an der früheren Straße nach Wehingen, eine kleine Feldkapelle. Sie ist der schmerzhaften Muttergottes geweiht. In der Zeit zwischen 1840 und dem Bau der Kapelle wurde Obernheim alljährlich von Missernten, Hagelschäden und Kartoffelfäule heimgesucht. Schwerste Hungersnöte machten sich in zahlreichen Familien breit. Diese arge Lebenssituation brachte den Pfarrer dazu, im Glauben an den Herrgott eine Kapelle zu errichten, in der Hoffnung, einer besseren Zeit zu begegnen. Die Kapelle wurde von den jungen Menschen errichtet und soweit die Ortschronik überliefert, folgten Jahre ohne Hunger.
Im Volksmund wird die Kapelle auch „Bühlkapelle“ genannt. Durch die bauliche Entwicklung ist der Ort zwischenzeitlich bis an die Kapelle herangewachsen. Auch diese kleinste der Kapellen erfährt durch liebevolle Betreuung eine dauerhafte Pflege und lädt Vorbeigehende nicht nur zu einem kurzen Gebet sondern auch zum Innehalten ein.
St. Wolfgangs-Kapelle (Scheibenbühlkapelle)
Die dominanteste Kapelle Obernheims steht auf dem 947 m hohen Scheibenbühl und überragt so das rings um den Scheibenbühl angesiedelte Dorf. Zwar wurde die heutige St. Wolfgangkapelle erst 1869 errichtet und ist damit die jüngste der Obernheimer Kapellen, hat dafür jedoch die geschichtsträchtigste Vergangenheit aufzuweisen. Eine ebenfalls dem heiligen Wolfgang geweihte Kapelle wurde 1812 abgerissen. Sie stand auf einem kleinen Hügel unterhalb dem Kirchlebühl und dürfte etwa um 1313 errichtet worden sein. Aus dieser abgegangenen Kapelle wurde 1894 das bis dahin in der Kirche aufgestellte Altärchen in diesem neuen Gotteshaus auf dem Scheibenbühl eingebaut. Der Bau der St. Wolfgangkapelle wurde überwiegend mit Spendengeldern finanziert.
Im September 1917 standen 4 Glocken zum Einschmelzen, darunter auch das Glöcklein der Scheibenbühlkapelle, zur Abholung auf einem Pferdewagen bereit. Am anderen Morgen bei der Abfahrt des Wagens fehlte das kleine Glöcklein und blieb trotz polizeilicher Untersuchungen verschwunden. Nach Kriegsende in der Heiligen Nacht, als die Obernheimer wie gewohnt nachts um 4 Uhr in das Engelsamt gingen, ertönte das Glöcklein von der Scheibenbühlkapelle in seinem vertrautem Ton. Drei mutigen Männern war der Erhalt zu verdanken. Sie hatten die Glocke vom Wagen entwendet und in einem Keller eingegraben. Den zweiten Weltkrieg überstand die Glocke dann nicht mehr.
Alljährlich am Pfingstmontag treffen sich die Gläubigen des Dekanats Balingen recht zahlreich auf dem Scheibenbühl zu einer Bergmesse mit anschließendem Familientreffen am Fuße des Scheibenbühls.
Pilgerhäusle
Es sei vorweg genommen, diese älteste Obernheimer Kapelle, an der Hauptstraße Richtung Deilingen und Wehingen stehend, hatte ursprünglich den Namen „Bilgenhäusle“.[1] Die Kapelle, um 1540 gebaut und der Muttergottes geweiht, könnte namentlich auf den Familiennamen „Bilgr, Bilgrin, Pilgrin, Bilgerys“ zurückzuführen sein, denn Erzherzog Sigmund berief 1483 Conraden und Martin Bilgrinen als Träger der Kirche Obernheim.[2] Schon an der vorgenannten Jahreszahl lässt sich die Entstehung in die Reformationszeit taxieren. Mit der Kapelle verbunden ist eine wohl um 1400 entstandene „Heiligkreuzkapelle“ im Gewann „Hinter Linden“ an der Grenze zu Tieringen.
Diese Kapelle ist in den Reformationswirren zerstört worden und nur das in der Kapelle befindliche Marienbild zur „unbefleckten Empfängnis“ wurde nach Obernheim in die Pfarrkirche gerettet. In der Pfarrbeschreibung von 1870 wird berichtet, dass dieses Marienbild insgesamt 3mal von der Kirche zu den Trümmern zurück gekehrt sein soll und erst als man eine Kapelle an der Straße nach Deilingen errichtete, in Obernheim verblieben ist. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war dieses Marienbild, eventuell eine Marienstatue, im Pilgerhäusle. Die Pfarrbeschreibung berichtet, dass die Kapelle nur vier Personen Platz bot. Nach einer Vergrößerung und Renovierung Mitte des 19. Jahrhunderts misst das schmucke, kunsthistorisch wertvolle Gebäude 7,20 m Länge und 3,90 m Breite.
Dem besonderen Gelübde einer tiefgläubigen Mutter ist es zu verdanken, dass noch heute jeden Freitag ein Rosenkranz gebetet wird. Diese Frau versprach um 1873, wenn ihr Sohn wieder sehend würde, jeden Freitag im Pilgerhäusle zu beten. Sie hat dieses Versprechen gehalten. Zwischenzeitlich befindet sich die Kapelle nicht mehr am Ortsrand sondern ist durch nachfolgende Bebauung in die Ortschaft integriert.
(1) Diözesanarchiv Rottenburg a.N. G 1.3 Fasc. 2 Seite 27/28
(2) Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 467a Bü 100, 19.7.1759
St. Wendelin(us)-Kapelle
Mit der Wendelinuskapelle haben auch die Bewohner des zu Obernheim gehörenden Weilers „Tanneck“ ihr eigenes Kirchlein. Diese Kapelle wurde im Jahr 1848 aus Spendengeldern erbaut. Eine wohllöbliche Leistung, wenn man bedenkt, dass 1817 das erste Gebäude von Tanneck erichtet worden ist. Um 1840 bildeten dann 12 meist eingeschossige Gebäude den jungen rund 3 km von Obernheim entfernt liegenden Ortsteil. Im Jahr 1957 erfuhr die Kapelle eine grundlegende Renovierung und wurde um 4 Meter verlängert.
Die seinerzeitige Ausschmückung – Bemalung – durch einen Beuroner Pater wurde durch den Obernheimer Egon Henne im Jahr 1977 überarbeitet. Eine weitere Restauration erfuhr die Kapelle im Jahr 1993. Wanderer nutzen das direkt an der Straße nach Deilingen gelegene Kirchlein zur stillen Einkehr und Andacht.
Im Dachreiter ist ein kleines Glöcklein untergebracht. Auf der Vorderseite ist die heilige Katharina mit Rad, auf der Rückseite die Gekreuzigten-Gruppe eingegossen und trägt die Umschrift: LEONHARD ROSENLECHNER GOSS MICH IN CONSTANZ 1793. Nach dem Volksmund ist diese Glocke aus einer Kapelle in Böttingen nach Obernheim gekommen. Täglich zur Mittagszeit wird das Glöcklein von der Familie Lauchert geläutet. Sie sorgen seit 1957 unentgeltlich für den Mesner- und Schlüsseldienst sowie für die Reinigung der Kapelle. In dieser wie auch in den übrigen Kapellen befinden sich teilweise sehr alte kunstvolle Schnitzereien.